Sonnenfinsternis und die Netzfrequenz

Netzfrequenzanzeige für Mobilgeräte

Netzfrequenzanzeige für Mobilgeräte

Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015 wird die Energieversorger vor eine gewisse Herausforderung stellen. Ob sie diese Herausforderung meistern, wird sich sehr gut an der Netzfrequenz ablesen lassen. Um die Netzfrequenz während der Sonnenfinsternis auch „ausser Haus“ gut beobachten zu können, gibt es jetzt auch eine Echtzeitanzeige mit einer für mobile Endgeräte optimierten Darstellung:
http://www.netzfrequenz.info/mobile/mobile.html

 

Die größten in den letzten Jahren beobachteten Abweichungen lagen bei ungefähr +/-0,15Hz. Um diesen Bereich – und noch etwas mehr – abzudecken, liegt der Anzeigebereich der Anzeige zur Netzfrequenz bei 49,8Hz bis 50,2Hz. Ich gehe nicht davon aus, dass der Zeiger diesen Bereich am 20. März ausnutzen wird.

 

Da sich Strom nicht in relevanten Größenordnungen speichern lässt, muss immer genau so viel erzeugt wie verbraucht werden. Ein Ungleichgewicht macht sich in der Netzfrequenz bemerkbar. Bei einer zu hohen Einspeisung steigt die Netzfrequenz über ihren Sollwert von 50Hz und bei einer zu niedrigen sinkt sie unter den Sollwert. Studien gehen davon aus, dass wegen der Sonnenfinsternis durch den Wegfall der Solareinspeisung mit einer Differenz von bis zu 18,5GW zu rechnen ist. Selbst diese hohe Differenz lässt sich im Normalfall sehr gut ausgleichen, die Herausforderung ist in diesem Fall aber die Änderungsgeschwindigkeit. Im Gegensatz zum Sonnenauf- und Untergang fällt die Solareinspeisung sehr plötzlich weg und setzt auch sehr plötzlich wieder ein.

 

Eine Veränderung von 18,5GW würde sich ohne Gegenmassnahmen in der Netzfrequenz mit einer Differenz von ungefähr +/- 1Hz bemerkbar machen. Bei einem Wegfall würde sie auf 49Hz absinken und bei dem plötzlichen Zuschalten einer derartigen Leistung könnte die Frequenz auf 51Hz steigen. Theoretisch wären sogar diese Frequenzwerte möglich, ohne dass gleich das komplette Stromnetz zusammenbricht. Erst ab einer Frequenz unter 49Hz wird „Last abgeworfen„, also einzelne Bereiche (z.B. Städte) von der Stromversorgung getrennt. Bei einem zu hohen Anstieg der Frequenz reduzieren Solaranlagen automatisch ihre Einspeisung, wodurch das mögliche Problem einer zu starken Einspeisung zum Ende der Sonnenfinsternis abgeschwächt wird. Das 50,2Hz-Problem sollte durch die Änderungen in der letzten Zeit zum Glück nicht mehr auftreten. Dafür gibt es aber noch das 49,5Hz-Problem, da sich bei diesem Wert viele einspeisende Anlagen vom Netz trennen.

 

So viel zur (stark vereinfachten) Theorie zum Bereich der Netzfrequenz. Es gibt natürlich noch weitere Parameter neben der Frequenz, die hier bedacht werden müssen. Aber da die Energieversorger schon seit Ewigkeiten von diesem Ereignis wissen, werden sie es sicherlich gut im Griff haben und ich wage die Prognose, dass sich die Sonnenfinsternis nicht signifikant auf die Netzfrequenz auswirken wird.

Verlauf der Netzfrequenz über 1 Stunde

Verlauf der Netzfrequenz über eine Stunde

Verlauf der Netzfrequenz über eine Stunde (10. November 2013)

Es ist eine neue Netzfrequenzanzeige dazu gekommen, die den Verlauf der letzten Stunde anzeigt. Genauer genommen den Verlauf der letzten 70 Minuten, damit ein aktueller Stundenwechsel mit dem der vorherigen Stunde verglichen werden kann. Angezeigt wird nicht nur der Mittelwert der letzten Minute. Damit auch „Ausreisser“ nicht verloren gehen, werden zusätzlich das Minimum und Maximum der letzten Minute angezeigt. So lässt sich besser beobachten, in welchem Rahmen sich die Netzfrequenz gerade bewegt.

Aufgrund dieser Art der Anzeige der Netzfrequenz bin ich neulich an dem Sturmtag darauf aufmerksam geworden, dass der Verlauf der Netzfrequenz etwas anders als normal war.

Dass die Frequenz in dem Beispielbild zum Beitrag um kurz nach 23:00 Uhr so extrem abgesackt ist (bis auf 49,89Hz), wird durch den stundenweisen Stromhandel verursacht und ist für diese Uhrzeit normal.

Netzfrequenz und Regelleistung

Netzfrequenz_und_Regelleistung-2Es gibt eine neue Anzeige, um die Beziehung zwischen der Netzfrequenz und der eingesetzten Regelleistung zu verdeutlichen. Die Berechnung ist zwar auch in die „Trompetenkurve“ integriert, dort ist sie aber etwas versteckt.

Warum Regelleistung?

Strom muss immer noch zu dem Zeitpunkt erzeugt werden, zu dem er verbraucht wird. Ob dieses Gleichgewicht besteht, lässt sich anhand der Netzfrequenz ablesen. Ist die Netzfrequenz niedriger als 50Hz, dann wird mehr Strom verbraucht als die Kraftwerke erzeugen. Liegt die Netzfrequenz über 50Hz, dann wird mehr eingespeist als verbraucht.
Dieses „zu viel“ oder „zu wenig“ an Strom gleichen die Übertragungsnetzbetreiber durch Regelleistung aus. Für kurzfristige Schwankungen wird dabei die Primärregelleistung (PRL) genutzt. Diese setzt innerhalb von wenigen Sekunden ein, um die Netzfrequenz wieder auf 50Hz zurückzuführen. Bei einer zu hohen Einspeisung spricht man von negativer Regelleistung und bei einer zu niedrigen Einspeisung von positiver Regelleistung, die für die Aufrechterhaltung des Stromnetzes notwendig ist. Zusätzlich zur primären Regelleistung gibt es noch die sekundäre Regelleistung (SRL) und die Minutenreserve (MRL, auch „tertiäre Regelleistung“).

Ab wann Regelleistung?

Bei einer sehr kleinen Abweichung von 50Hz wird noch keine Regelleistung eingesetzt. Dieses Totband wird mit +/-20mHz definiert (siehe Operation Handbook (OH) der ENTSOE/UCTE: Appendix A1-7, Policy P1-32). Dabei wird ein Messfehler von 10mHz erlaubt und den Kraftwerken wird ein Unempfindlichkeitsbereich von 10mHz zugesprochen (OH: A1-4, P1-7). Aufgrund dieser Toleranzen liegt die Grenze des Totbandes nicht genau bei +/-20mHz, es ist aber sichergestellt, dass nicht ein Kraftwerk negative Regelleistung einsetzt und ein anderes positive.

Wie viel Regelleistung?

Im normalen Netzbetrieb ist eine maximale Abweichung der Netzfrequenz von +/-180mHz erlaubt. Kurzfristig darf die Abweichung bis zu +/-200mHz betragen. Eine Abweichung in dieser Größenordnung kann durch eine Laständerung von 3000MW auftreten. Das ist ungefähr der Ausfall von zwei großen Kraftwerksblöcken und ein derartiger Ausfall soll durch den Einsatz von PRL aufgefangen werden können.
Bei einer Gesamtlast im Netz von 150GW bedeutet eine Lastabweichung von 16.5GW eine Änderung der Frequenz um 1Hz und bei einer Gesamtlast von 300GW sind es 18.0GW/Hz (OH: A1-7). Bei Schwachtlast (z.B. am WE oder Nachts) ist also weniger Regelleistung notwendig als bei Starklast, um eine bestimmte Frequenzabweichung aufzufangen und die Frequenz wieder auf ihren Sollwert zurückzuführen. (Diese Werte gelten für einen Netzselbstregeleffekt von 1% – dazu wird es später einmal mehr geben. 😉 )

Was wird hier berechnet/angezeigt?

Angezeigt wird die (Regel-)Leistung, die notwendig wäre, um die Frequenz auf 50Hz zurückzuführen. Also die Energie, die eingesetzt werden muss, um die Regeldifferenz auszugleichen. Da je nach Gesamtlast verschiedene Energiemenge nötig sind, um eine bestimmte Frequenzänderung zu erreichen, wird hier der Mittelwert zwischen Schwach- und Starklast genommen (17250MW/Hz). Da es hier eher darum geht, ein Gefühl für den Zusammenhang zwischen Frequenz und Regelleistung zu vermitteln, wird ein Totband von +/-10mHz angenommen – es soll sich ja auch mal was verändern. 😉

Trompetenkurve (und mehr…)

Zusätzlich zur Anzeige der Netzfrequenz gibt es jetzt noch eine Anzeige mit der errechneten Trompetenkurve – bzw. meiner abgewandelten Interpretation davon.

In dieser Anzeige werden nicht nur die Frequenz und die Trompetenkurve, sondern auch noch Mittelwerte über 1 Minute & 15 Minuten und eine Kurve zur Primärregelleistung dargestellt (nicht gewünschte Anzeigen lassen sich über einen Klick auf die Legende ein- und ausschalten).

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Netzfrequenz in den Übertragungsnetzen von Tennet und 50Hertz

Wie schon unter schnappoid.de gibt es hier jetzt auch die Netzfrequenz aus den Übertragungsnetzen von Tennet und 50Hertz in Echtzeit online:
http://www.netzfrequenz.info/verlauf-3-minuten-tennet50hertz

Wobei dazu gesagt werden muss, dass diese Anzeige eigentlich nicht sonderlich viel Sinn macht. Die Netzfrequenz ist im gesamten europäischen Verbundnetz der UCTE gleich, also müssten meine beiden Kurven immer synchron laufen. Dass sie das nicht machen, liegt unter anderem an Messfehlern (das eine Gerät liegt im langfristigen Durchschnitt etwa 1mHz über dem anderen) und sind teilweise auch Darstellungs- und Übertragungsfehler, da ich mir bei dieser Anzeige nicht so viel Mühe gegeben habe. Für mich dient diese Anzeige lediglich dazu, eine Übersicht über die Funktionsfähigkeit der beiden Geräten zu haben und Ausfälle schnell erkennen zu können.