Aufteilung des Synchronnetzes am 08.01.2021

Am 08. Januar 2021 gab es eine Aufteilung des europäischen Synchronnetzes in zwei Teile aufgrund eines Störfalls im Süd-Ost-Europäischen Bereich.

Diese Auswirkungen waren auch im restlichen Netz zu spüren. Um genau 14:04:50 Uhr gab es einen massiven Abfall der Netzfrequenz im restlichen Bereich des gemeinsamen Synchronnetzes:

Abfall der Netzfrequenz um 14:04:50 UhrAbfall der Netzfrequenz

Abfall der Netzfrequenz um 14:04:50 Uhr (Ausschnitt)

Einen Systemsplit und einen derartigen Frequenzabfall gab es zuletzt 2006, als es nach einem Fehler auf einer Leitung im Emsland zu einer fatalen Kettenreaktion kam, welche zu größflächigen Stromausfällen in Europa führte.

Meine Messwerte wurden nach meinem Tweet von mehreren Seiten bestätigt:

Dass es einen größeren Störfall gegeben hat und dieser bereits eine Stunde später behoben wurde, wurde von der ENTSO-E kurze Zeit später in einer Pressemitteilung bestätigt.

Über Twitter und per Mail sind ein paar Fragen an mich herangetragen worden

Standen wir kurz vor einem Blackout?

Ich gebe zu, dass ich extrem besorgt war, als meine Messgeräte mir die Pushmitteilung zur Netzfrequenz schickten. Jetzt – ein paar Stunden später – sehe ich es etwas entspannter. Der Ausfall in Rumänien hat zwar Auswirkungen auf das restliche europäische Netz gehabt, trotzdem haben die Massnahmen geholfen. Die Rumänen hatten zwar kurz ein Problem, das restliche Netz wurde aber durch den rechtzeitigen Netzsplit nicht mitgerissen.
Deswegen möchte ich die Fragen, ob wir vor einem Blackout standen, mit einem klaren „Jein“ beantworten. 😉
Es gibt klare Regeln für solche Vorfälle, die theoretisch gut funktionieren. Allerdings nur theoretisch, die Praxis ist immer was anderes – wie man auch an dem Vorfall im Emsland von 2006 sehen kann…

Warum die Auswirkungen bis zu uns?

Die Auswirkungen waren überall zu spüren, weil wir ein großes gemeinsames und solidarisches Netz haben. Falls irgendwo ein Kraftwerk ausfällt, kann die fehlende Energie aus anderen Regionen ersetzt werden. Hier sind aber drei Kraftwerke ausgefallen, das war etwas zu viel. Die Energiemenge hätte wohl noch kompensiert werden können, das hätten aber die Leitungen nicht mitgemacht. Deswegen musste der Bereich abgetrennt werden, um das restliche Netz nicht zu gefährden.

Moorburg wurde heute abgeschaltet!

Ja, die endgültige Abschaltung von Moorburg war heute (08. Januar 2021). Moorburg hat aber eine Nennleistung von 1,6GW (die es nie voll erbracht hat), also wesentlich weniger als die heutige Fehlmenge. Es lief bis zu seiner Abschaltung nicht auf Volllast, wurde langsam und geplant heruntergefahren. Ausserdem war die endgültige Abschaltung schon ein paar Stunden vor dem Vorfall.

(Diesen Blogeintrag werde ich noch ergänzen und anpassen. Da ich gerade mehr Zugriffe habe als mein Server verkraften kann, ist das Schreiben im Moment nicht so einfach. 😉 )

Absinken der Netzfrequenz auf 49.75Hz – Netzsplit?

Heute (08. Januar 2021) ist die Netzfrequenz um 14:04 auf einen historischen Tiefstand von 49,75Hz gefallen:

Netzfrequenz 08. Januar 2021 Nachmittags

Netzfrequenz 08. Januar 2021 Nachmittags

Zwei meiner Messgeräte haben die Werte als unplausibel verworfen. Meine Messungen wurden aber auf Twitter schon von weiteren Messstellen bestätigt.

Auch ein Dewetron-Messgerät sah sich nicht in der Lage, die Frequenzwerte noch darzustellen:
(Edit 11.01.2021: Die fehlenden Frequenzwerte des Dewetrons lagen nicht an dem Frequenzabfall. Ich scheine es mit ungeschickten Einstellungen überlastet zu haben und dadurch fehlen die Daten in diesem Bereich.)

Netzfrequenzmessung mit einem Dewetron DEW2-PA7

Netzfrequenzmessung mit einem Dewetron DEW2-PA7

Derzeit gibt es Gerüchte, dass es im europäischen Verbundnetz einen Netzsplit gegeben hat. Einen ähnlichen Vorfall gab es zuletzt 2006.