Langzeitbetrachtung der eingesetzten Regelleistung

Die Netzfrequenz ist zwar mit die wichtigste Größe für die Regelung der Stromnetze, allerdings sagt die Frequenz selber noch nicht aus, wie viel Aufwand nötig war, um sie stabil zu halten. Für die Stabilisierung der Netzfrequenz wird Regelleistung genutzt. Mit der Primärregelleistung werden die Abweichungen sehr schnell ausgeglichen. Hält eine Abweichung länger als 30 Sekunden an, wird die Sekundärregelung genutzt, um die Primäre abzulösen, damit diese wieder zur Verfügung steht. Die Primärregelleistung wird in allen Regelzonen aktiviert, die Sekundäre nur in dem Bereich, in dem die Störung aufgetreten ist.

Wie schon in der Langzeitberachtung der Netzfrequenz beschrieben, weicht die Netzfrequenz selten (nie 😉 ) besorgniserregend von ihrer Sollfrequenz ab. Ein Grund dafür ist aber eben auch das gut funktionierende System mit der Regelleistung.

Deshalb kann alleine anhand der Netzfrequenz keine ausreichende Aussage über die Stabilität der Stromnetze getroffen werden. Dazu sind noch weitere Betrachtungen notwendig. Hier bietet es sich an, auch die eingesetzte Regelleistung der letzten Monate zu betrachten.

Das folgende Rasterdiagramm zeigt die eingesetzte Sekundärregelleistung des deutschen Netzregelverbundes für den Zeitraum von Juli 2011 bis Ende November 2012 (Quelle der Daten: https://www.regelleistung.net/ ).

Sekundärregelleistung Juli 2011 - November 2012

Sekundärregelleistung Juli 2011 – November 2012

Wie schon bei der Langzeitbetrachtung der Netzfrequenz sind auch hier wieder der morgendlichen „Querstreifen“ zwischen 6:00 und 7:00 Uhr und die abendlichen Muster passend zum Sonnenuntergang zu erkennen.

Es gibt aber noch weitere Auffälligkeiten, die in dem Rasterdiagramm zur Netzfrequenz nicht zu sehen waren:
Ungefähr seit April 2012 gibt es plötzlich weniger Cluster und auch die Zeiträume, in denen Regelleistung in eine bestimmte Richtung eingesetzt wurde, scheinen sich verkürzt zu haben. Die Höhe der Regelleistung scheint sich auch verringert zu haben. Lediglich in den Abend- und Morgenstunden gibt es wiederkehrende systematische Abweichungen, die aber mit den starken Laständerungen am Morgen und am Abend zu erklären sind. Seit dem 14. Dezember 2012 werden an der EPEX zusätzlich zu den Stundenkontrakten auch Viertelstundenprodukte im Intraday-Handel gehandelt, damit Angebot und Nachfrage besser abgestimmt werden können. Dieses wäre eine mögliche Erklärung für die Änderung ab April. Obwohl die Produkte bereits seit Mitte Dezember gehandelt werden können, gab es im Winter ganz andere Probleme für die Übertragungsnetzbetreiber, die eventuell dazu geführt haben, dass die handelbaren Viertelstundenprodukte noch nicht die gewünschten Auswirkungen hatten.

Im Winter 2011/2012 gab es verschiedene Vorkommnisse, die zu einer angespannten Situation in den Stromnetzen geführt haben, dieses spiegelt sich auch teilweise in dem Rasterdiagramm der eingesetzten Regelleistung wider.
Im Dezember gibt es große Zeiträume, in denen verstärkt negative Regelleistung eingesetzt wurde (es war also zu viel Stom im Netz). Besonders zwischen Weihnachten und Sylvester kam es durch die warme Witterung zu Überspeisungen in den deutschen Regelzonen (siehe auch den Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2011/2012 der Bundesnetzagentur, Seite 60). Anfang Februar gab es eine starke Kältwelle in Europa, die zeitweise zu einer Unterdeckung führte.
In den Medien gab es Berichte, dass die Gier der Zocker im Februar die deutschen Stromnetze gefährdet hätte. Laut der BNA gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regelzonenunterspeisungen „einzelnen wenigen Akteuren noch einem strukturell homogenen Bewirtschaftungsfehlverhalten zuzuordnen sind“. Wobei sich nicht gänzlich ausschliessen lasse, dass es vereinzelt Bilanzkreisverantwortliche gegeben habe, die Geschäfte zulasten der Systemsicherheit vorgenommen hätten.

Anhand des Rasterdiagramms lässt sich eine Veränderung in der diesjährig eingesetzten Sekundärregelleistung zum Vorjahr erkennen. Allgemeine Aussagen über das Stromnetz lassen sich darüber aber nicht treffen. Dafür wären nicht nur genauere Analysen der eingesetzten Regelleistung, sondern auch Analysen weiterer Parameter notwendig. Der nächste Bericht der Bundesnetzagentur wird sicherlich einige Fragen klären.